10.G.1. Zweite Diatonik und musikalische Zeit: Engführungspattern und mehrfacher Kontrapunkt als Basis erweiterter Tonalität Ariane Jeßulat - 30 juin 2017, 14h00-14h30, salle 3208

Sommaire

Le 30 juin 2017
de 14h00 à 14h30

Le Patio (université de Strasbourg)
22 rue René Descartes, 67000 Strasbourg
salle 3208

Séance précomposée - Ambiguity, Illusion & Timelessness in Late and Post-Tonal Harmony

Pré-acte / Acte

Auteur : Ariane Jeßulat

     Dahlhaus’ Idee einer „zweiten Diatonik“, die chromatische Konvention in diatonischen Neologismen aufhebt, prägt auch neuere harmonische Theorien.

     So sind in Neo Riemannian Theories konstitutive Netzwerke aus konsonanten Dreiklängen Gebilde zweiter Ordnung, die die Einheit der Tonart suspendieren. Dissonante Vermittlung erfolgt durch Alterationsklänge im Hintergrund. Die Anbindung an Riemann erfordert allerdings auch, implizite Reste dieser Tradition auszumachen.

     So decken sich ästhetische Implikationen der Transformational Theory mit Schönbergs „aufgehobener Tonalität“, die auch von tonaler Erweiterung durch Zirkelharmonik ausgeht und in Wagner ein geeignetes Analysefeld hat. Beider Ausgangshypothesen implizieren ein harmonisches Surplus, eine Beschleunigung vor dem industrialisierten Hintergrund von schnellem Reisen.

     Schon mit Blick auf Mendelssohn, Grieg und Reger (Variations sérieuses Op.54, Holberg-Suite Op. 40, Mozart-Variationen Op.132) ist fraglich, ob hier die Idee von Beschleunigung und suspendierter Chromatik adäquat ist, gerade wenn erweiterte Tonalität Verlangsamung und Stillstand erzeugt.

     An Hand von Kanon- und Stimmführungsmodellen werden Teile des Repertoires neu analysiert, um im Abgleich mit bestehender Theorie Kriterien zu erarbeiten, die weniger für die Ästhetik um 1900, für Fortschrittsideen und die druckvollen Emanzipation der Dissonanz stehen.

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